Ein Appell gegen das Vergessen der NS- Opfer
Die bewegende Geschichte von Franz und Petra Michalski
Am Morgen des 6. November 2023 versammelten sich rund 400 Schülerinnen und Schüler aus ganz Passau im Stadttheater, um einer außergewöhnlichen Veranstaltung beizuwohnen, unter anderem auch die 11. Jahrgangsstufe unserer Schule. Der Saal war gefüllt bis auf den letzten Platz, und sogar der Oberbürgermeister Jürgen Dupper war anwesend, um den Zeitzeugen Franz Michalski und seiner Frau, Petra Michalski, zu lauschen, während sie ihre erschütternde Geschichte mit den Kindern teilten. Von Beginn an konnte man Petra M. sofort ins Herz schließen, da sie sehr schön erzählen kann und nach der ein oder anderen Geschichte jede Menge charmante Sprüche über ihren Mann äußerte, jedoch nie die Ernsthaftigkeit des Themas vergaß. Damit sich die Schülerinnen und Schüler den Verlauf der Geschichte und die einzelnen Menschen besser einprägen können, deutete ihr Ehemann immer wieder auf die genannten Fotos der Personen im Hintergrund.
Franz Michalski, im Jahr 1934 geboren, überlebte die dunkelsten Jahre der Geschichte als Kind, gemeinsam mit seiner verfolgten jüdischen Mutter und seinem jüngeren Bruder. Die Familie floh 1943 zum ersten Mal aus Breslau nach Berlin, wo der Vater Arbeit gefunden hatte, und versteckte sich monatelang in verschiedenen Hotels am Alexanderplatz. Doch auch nach ihrer ersten Flucht drohte die Gefahr, nicht zu verschwinden, und 1944 mussten sie erneut aus Breslau fliehen und im Untergrund leben. Als Petra Michalski, im Jahr 1937 in Hamburg geboren, begann, die Geschichte ihres Mannes zu erzählen, führte sie die Zuhörer durch die prägenden Ereignisse seines Lebens. Franz war gerade einmal neun Jahre alt, als seine Familie aus Breslau fliehen musste und in Berlin ankam. Sie mieteten sich in verschiedenen Hotels am Alexanderplatz ein, um den Gefahren der Nazizeit zu entkommen. Die enge Bebauung und das dichte Netzwerk von kleinen Hotels und Pensionen am Alexanderplatz boten eine temporäre Zuflucht. Doch das Schicksal war gnadenlos. Die Familie erfuhr, dass die Deportation drohte, und an einem denkwürdigen Tag, Franz' zehntem Geburtstag, ergriff seine Mutter eine mutige und lebensrettende Maßnahme. Während die Gestapo an der Haustür klingelte, führte sie die Kinder zu einem gedeckten Kaffeetisch, zündete Kerzen an und servierte Kuchen und Kaffee. Inmitten dieser scheinbaren Normalität floh die Familie durch den Hinterausgang und erreichte den Bahnhof. Die Familie floh erneut, diesmal nach Sachsen und Österreich, bevor sie nach Kriegsende wieder nach Berlin zurückkehrte.
Doch die Jahre nach dem Krieg waren nicht weniger herausfordernd. Franz Michalski erzählte von den Schikanen und Diskriminierungen, die er nach dem Krieg zu seiner Schulzeit durchlebte, wo Lehrer ihn aufgrund seiner jüdischen Herkunft ausgrenzten und verspotteten. Diese Zeiten des Unverständnisses und der Ablehnung ließen tiefe Narben in seiner Seele zurück.
Die Geschichte von Franz und Petra Michalski ist nicht nur eine Reise in die Vergangenheit, sondern auch ein eindringlicher Appell gegen das Vergessen. Die heutige Generation kann sich kaum vorstellen, welche Grausamkeiten und Herausforderungen die Familie Michalski überwinden musste. Ihre Erzählung ist ein Mahnmal, das uns daran erinnert, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Grauen des Holocausts aufrechtzuerhalten. Wir sollten auch die "Stillen Helden" nicht vergessen, betonte Petra Michalski, die der Familie immer wieder halfen und ihnen Schutz boten.
Am Ende des Tages verließen besonders die Schülerinnen und Schüler das Stadttheater nicht nur mit einer tiefen Betroffenheit, sondern auch mit einem gestärkten Bewusstsein für die Bedeutung von Toleranz und Mitmenschlichkeit.
Larissa Ivanko