Shalom Europa – Ökumenische Begegnung mit jüdischer Kultusgemeinde in Würzburg - und noch viel mehr…

20150624 wuerzburg02Von 22. bis 24. Juni besuchten alle neunten Klassen unserer Schule Würzburg. Im Mittelpunkt stand die Besichtigung des Jüdischen Zentrums und des Israelitischen Friedhofs. Aber auch mehrere andere spannende Programmpunkte haben die Schüler begeistert. Im Folgenden berichten Sie selbst über ihre Erlebnisse.
André Urbanczyk

1. Die Würzburger Residenz
Nach unserer Ankunft in Würzburg haben wir am ersten Tag die „neue“ Residenz besichtigt. Diese wurde von 1719-1781 erbaut von einem „Neuling“ im Bauwesen, Johann Balthasar Neumann. Es war nahezu ein Wunder, dass die Residenz ein solches Meisterwerk wurde.

Das Herzstück dieses barocken Prachtbaus ist das Treppenhaus. Es ist für damalige Zeiten riesig, hat eine ca. 3 Meter stark gewölbte Kuppel und viele Treppen. Bei der Innenarchitektur der gesamten Residenz arbeiteten der Maler Giovanni Tjepolo und der Stuccateur Antonio Bossi Hand in Hand. Doch dies war nicht immer sehr einfach, da Bossi als komplizierter Zeitgenosse galt.
20150624 wuerzburg01Die verschiedenen Säle der Residenz haben verschiedene Themen in der Gestaltung der Innenräume und man findet auch verschiedene Stilepochen darin. Das Audienzzimmer und das Empfangszimmer z.B. haben Wandteppiche mit dem Thema: „Alexander der Große“. Dies hatte natürlich auch einen Sinn, denn wenn die Leute auf eine Audienz warteten, betrachteten sie die Teppiche von den Schlachten Alexanders und dies ließ sie dem Fürstbischof mit Ehrfurcht gegenübertreten.
Bei der Bombardierung Würzburgs im 2. Weltkrieg mit Brandbomben brannten leider viele Teile der Residenz aus. Diese wurden allerdings mühevoll wieder restauriert und alle transportablen Teile der Räume waren weitgehend schon vorher ausgelagert worden. Alles in allem ist die Residenz ein sehr eindrucksvolles Bauwerk.
Der ursprüngliche Grund unserer Exkursion nach Würzburg war der Besuch der jüdischen Synagoge und des damit zusammenhängenden Museums. Wir haben das Glück, dass die jüdische in Würzburg eine weltoffene Gemeinde ist, d.h., die Mitglieder erlauben, dass auch nicht-jüdischen Besuchern Eintritt gewährt wird.

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2. Shalom – Besuch des neuen jüdischen Zentrums
Nachdem wir nach einem kurzen Fußmarsch an der Pforte zur jüdischen Gemeinde standen, wurden wir von einem älteren Mann empfangen. Dieser klärte uns über einige Regeln auf wie z.B. dass Essen und Trinken innerhalb des Zentrums für uns verboten ist, und dass es Pflicht für die Jungen sei, beim Eintritt in die Synagoge eine Kopfbedeckung zu tragen. Danach wurden wir in drei Gruppen aufgeteilt und bekamen im Großen und Ganzen drei identische Führungen.
Die Führungen waren in drei Abschnitte gegliedert. Im ersten Teil ging es um das Leben der Juden. Uns wurden die jüdischen Rituale, wie z.B. die Beschneidung im ersten Lebensjahr und die Besonderheiten bei einer jüdischen Hochzeit, näher erläutert.
Im zweiten Teil wurden uns viele Informationen über die Tora vorgestellt. Wie ihr sicher wisst, ist das die jüdische Bibel. Strenggläubige Juden hängen an jeden Türrahmen in ihrem Haus eine kleine Ampulle. In ihr befindet sich ein kleiner Teil der Tora. Die heilige Zahl der Juden ist 613.  So kommt es auch, dass der Gebetsmantel, der Tallit, der beim Eintreten in die Synagoge umgehängt sein muss, genau 613 Streifen und Farben hat.
Der dritte Teil der Führung bestand aus der Besichtigung der Synagoge. Wir hatten unsere Vorstellung über die mögliche Faszination des zentralen Gebetsraumes, doch diese Erwartungen wurden enttäuscht. Statt pompöser Wandmalerei und eindrucksvoller Skulpturen fanden wir eine eher schlichte Ausstattung vor.

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wuerzburg53. Der jüdische Friedhof in Lengfeld
Die spannende Führung auf dem jüdischen Friedhof begann mit Frau Behmke, die uns zum Grab mit der Inschrift „Genisa“ führte. Sie erklärte uns, dass „Genisa“ heilige, nicht mehr verwendbare Torarollen meint. Als nächstes zeigte sie uns Gräber verstorbener Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Typisch für jedes jüdische Grab ist ein hebräischer Spruch und das Symbol „J.G.“, sowie ein paar Steine, die auf den Gräbern liegen. Auf Wunsch kann man sich einen Davidstern auf das Grab gravieren lassen. Auffällig ist, dass viele Gräber von verstorbenen Juden russischer Herkunft belegt sind, die in den letzten Jahren nach Deutschland ausgewandert sind.  Anschließend gingen wir in eine kleine Kapelle. In dieser werden die Leichen auf dem Leichenwaschtisch gewaschen. Als vorletzte Station wurde das Denkmal für verstorbene Juden im 2. Weltkrieg besucht. Als man später erfuhr, wo die Angehörigen umgekommen sind, wurden die Informationen an diesem Mahnmal verewigt.

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4. Im Würzburger Diözesanmuseum
Am dritten Tag ging unsere Gruppe ins Würzburger Diözesanmuseum. Bevor wir dort tiefer in verschiedene künstlerische Darstellungsformen biblischer Themen eintauchten, betrachteten wir zum Nachdenken anregende Werke wie „Draussen I-XII“, eine Serie von photorealistischen Porträts Obdachloser. Anschließend wurden moderne und alte Darstellungen des Abendmahls vorgestellt und gedeutet. Es folgten apokalyptische Bilder des göttlichen und weltlichen Endgerichts, bei denen die Sünder durch das Fegefeuer gereinigt werden. Ein besonders beeindruckendes Gemälde war das Jesus-Christus-Bild aus dem 16. Jahrhundert, das als Kreuzigungsszene den sog. „4-Typus“ repräsentiert, während im Vergleich dazu die Präsentation aus dem 12. Jahrhundert die ältere Form des „3-Typus“ und der dadurch deutlich höheren Schmerzen zeigt. Zum Abschluss unseres Museumsbesuches sahen wir einen Altar, geformt aus hunderten abgebrannter Streicholzschachteln, verrotteten Kartoffeln und winzigen Jesusstatuen, der, nachdem er von seinem Auftrageber, einer fränkischen Kirchengemeinde, abgelehnt worden war, im Diözesanmuseum ein vielbestauntes Objekt wurde.

5. Der absolute Durchblick – auf den Spuren von Wilhelm Conrad Röntgen
Auch heute kann man noch die Gedenkstätte von Wilhelm Conrad Röntgen an der Fachhochschule Würzburg besuchen. Trotz des 2. Weltkrieges konnten noch viele Originale aus dem Besitz des weltberühmten Würzburger Forschers gerettet werden, die heute in Würzburg ausgestellt sind.
Wilhelm Röntgen wurde 1845 in Nordrhein-Westfalen als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren. Seine Kindheit verbrachte er in den Niederlanden, wo er kurz vor dem Abitur der Schule verwiesen wurde. Er hat sein Abitur auch nie mehr nachgeholt. In Zürich studierte er schließlich Maschinenbau und dort verfasste er auch seine Doktorarbeit. Anschließend wurde er persönlicher Assistent eines Physikers an der FHS Würzburg. Er durfte wegen des fehlenden Abiturs seine Lehrberechtigung als Professor nicht erwerben, die zum Unterrichten an Universitäten benötigt wird. Daraufhin gingen er und sein Partner nach Straßburg, damit er diese dort erlangen konnte. Als Professor war er gefragt und erhielt Angebote aus der ganzen Welt, doch er entschied sich für einen Lehrstuhl in Würzburg, weil es dort die beste Ausstattung gab. Es war dieselbe FHS, die ihm zuvor das Erwerben einer Lehrberechtigung verwehrt hatte.
Wie viele andere Physiker experimentierte auch Röntgen mit Kathodenstrahlen. Viele Physiker entdeckten also die X-Strahlung (Röntgenstrahlung). Röntgen erkannte jedoch als einziger ihre Wirkung und Bedeutung für die Zukunft. Auf dem ersten richtigen Röntgenbild war die Hand seiner Ehefrau abgebildet, die in einer 20-minütigen Aufnahme entstand. Auf diese Entdeckung hin ließ er sich sechs Wochen lang in seinem Labor einsperren und verfasste drei Forschungsberichte über die X-Strahlung. In diesem Labor haben wir die Originalgeräte, mit denen er gearbeitet hat, gesehen und u.a. auch seinen Schreibtisch mit einem Geheimfach.
Röntgen fürchtete die Reaktion seiner Kollegen und schickte seine Arbeiten zunächst an einige andere Physiker. Und tatsächlich glaubten sie ihm zunächst nicht, doch er hatte den Versuchsaufbau so detailliert beschrieben, dass sie schließlich genau die gleichen Entdeckungen machten wie er. Vor den Medizinern und Physikern  seiner Zeit hielt er dann einen Vortrag, bei dem am Ende das zweite Röntgenbild entstand. Es war die Hand des Mediziners Rudolf von Koeliker, der schließlich auch vorschlug, diese Strahlung nach ihrem Entdecker Wilhelm Conrad Röntgen zu benennen. Dieses Röntgenbild ist wahrscheinlich das Berühmteste, die Qualität war schon viel besser als bei der ersten Röntgenaufnahme. Erst nach 12 Jahren wurde wieder etwas Neues über die Röntgenstrahlung herausgefunden. Das zeigt, wie umfangreich Röntgens Entdeckungen waren.
Für die Entdeckung der Röntgenstrahlung erhielt Röntgen den ersten Nobelpreis, er hat insgesamt 110 deutsche und internationale Ehrungen erhalten. Von diesen waren ebenfalls einige in der Gedenkstätte ausgestellt. Er hat allerdings nie ein Patent auf seine Entdeckung angemeldet und ist sein ganzes Leben lang ein bodenständiger Mensch geblieben, bis er 1923 im Alter von 77 Jahren verstarb.
 Das Exkursionsteam der 9c

6. Touch Science - Wissenschaft zum selber ausprobieren
Am Nachmittag unseres zweiten Tages, besuchte ein Teil von uns Schülern und Schülerinnen mit Herrn Rosenberg und Herrn Urbanczyk die Uni Würzburg, wo wir die Ausstellung „TouchScience@M!ND“ besichtigten.
In dieser galt aber nicht „schauen und zuhören, was die Gruppenleiter sagen“, sondern „selbst ausprobieren, entdecken, staunen und verstehen“.
Hier konnten wir z.B. mit Lichtgeschwindigkeit auf dem „Einstein-Rad“ fahren, mit seinen eigenen Gedanken eine Kugel steuern, die bloße Umgebungsstrahlung sichtbar machen, oder die Computertomographie näher kennen lernen.
Jedes Ausstellungsstück besaß ein eigenes Touch-Pad, auf dem die Vorgehensweise des Versuches erläutert, die Frage „was mich das angeht“ geklärt und die wissenschaftliche Erklärung zum Betreffenden abgegeben wurde.
Ich selbst war froh, dieses Angebot angenommen zu haben, denn ich habe in den 1 ½ Stunden, die wir dort verbrachten, allein durch das viele Ausprobieren eine Menge gelernt und richtig Spaß an der Wissenschaft gefunden.  

Elena Breinfalk, 9a